Bei der Einschätzung der deutschen Sprachkenntnisse ausländischer Betreuungskräfte ist es wichtig zu wissen, dass die Kategorien in der Branche in der Regel idealisiert dargestellt werden. Sprachfähigkeiten werden oft in allgemeinen Stufen beschrieben, die je nach Anbieter unterschiedlich ausgelegt werden können, zumindest aber erklärungsbedürftig sind.
In der Praxis bedeutet das, dass „gute Deutsch-Kenntnisse“ zwar eine solide Basis für die Kommunikation bieten, aber keinesfalls alle Feinheiten der Sprache abdecken. Eine 24-Stunden-Betreuungskraft, die auf diesem Sprachniveau eingestuft wurde, sollte aber in der Lage sein, auf deutsch Telefonate zu führen – also ohne die Einbeziehung von Gestik und Mimik des Gegenübers und der Kontextsituation Inhalte verstehen und kommunizieren können.
Die Bereitschaft zur Verbesserung der Sprachkenntnisse während des Einsatzes in Deutschland ist trotz der besseren Vergütungsmöglichkeiten längst nicht so ausgeprägt, wie man dies erwarten würde. Die Erwartungen an individuelle Lernfortschritte werden also eher selten erfüllt. Dies ist natürlich abhängig von individuellen Fähigkeiten und Interessen, zunehmend tragen aber wohl auch die immer professionelleren digitalen Übersetzungshilfen zu dieser Entwicklung bei, da diese dazu verleiten, den Spracherwerb zu vernachlässigen.
In den letzten Jahren ist außerdem zu beobachten, dass das durchschnittliche Sprachniveau polnischer Betreuungskräfte tendenziell etwas abnimmt. Diese Entwicklung hat verschiedene Ursachen, die vor allem mit strukturellen Veränderungen im Markt zusammenhängen. Viele Betreuungskräfte der ersten Generation, die über langjährige Erfahrung und solide Deutschkenntnisse verfügten, sind inzwischen aus dem Beruf ausgeschieden – sei es durch den Ruhestand oder einen beruflichen Wechsel. Jüngere Menschen in Polen wiederum haben heute bessere berufliche Perspektiven im eigenen Land oder in anderen EU-Staaten. Wer über gute Sprachkenntnisse verfügt, entscheidet sich häufig für Berufe mit geregelten Arbeitszeiten, etwa im institutionellen Pflegebereich, in der Hotellerie oder im Büro.
Hinzu kommt, dass sich der Betreuungsmarkt stark verändert hat: Die Nachfrage nach Betreuungskräften ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, während das verfügbare Angebot eher rückläufig ist. Infolgedessen werden zunehmend Betreuungspersonen vermittelt, deren Deutschkenntnisse noch nicht sehr ausgeprägt sind – einfach deshalb, weil es an ausreichend erfahrenem Personal mangelt. Zudem führen kürzere Einsatzzeiten dazu, dass viele Kräfte nicht die Möglichkeit haben, ihre Sprachkenntnisse durch längere Aufenthalte in Deutschland weiterzuentwickeln.
Umso wichtiger ist es, die Sprachkenntnisse realistisch einzuordnen. So lassen sich Missverständnisse vermeiden und eine gute Zusammenarbeit fördern.