Seit vielen Jahren verlassen polnische und andere osteuropäische Betreuungskräfte ihre Heimat, um in deutschen Haushalten ältere oder pflegebedürftige Menschen zu versorgen. Für viele Familien in Deutschland sind sie ein Segen – oft die einzige Möglichkeit, ihre Angehörigen in den eigenen vier Wänden gut betreut zu wissen. Doch dieser stille Pakt zwischen den Ländern steht zunehmend unter Druck. Der Mindestlohn in Polen und anderen osteuropäischen Ländern steigt rasch an – und damit auch die Chancen, im eigenen Land im Niedriglohnsektor ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, ohne die eigene Familien und das vertraute Umfeld zurücklassen zu müssen. Zumindest aber gönnen sich viele Betreuungskräfte inzwischen lange Pausen zwischen ihren Einsätzen, machen regelmäßig Urlaub und verkürzen zunehmend ihre Einsatzzeiten in Deutschland.

Was auf den ersten Blick eine gute Nachricht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, die von den steigenden Löhnen profitieren, bedeutet für viele deutsche Familien eine zunehmende Unsicherheit und Belastung. Immer häufiger berichten Angehörige, dass es schwieriger wird, eine passende Betreuungskraft zu finden – oder dass die gewohnte Unterstützung plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht. Die Vergütungen, die in Deutschland angeboten werden, reichen in vielen Fällen nicht mehr aus, um den Gang ins Ausland noch attraktiv erscheinen zu lassen. Wer bleiben soll, muss mittlerweile hoch bezahlt werden – doch das können sich längst nicht mehr alle Betroffenen leisten.

Der steigende Lohn im Heimatland verändert also die Balance: Wo früher wirtschaftliche Not viele zur Arbeitsmigration bewegte, gewinnen nun das eigene Zuhause, die eigene Familie und eine wachsende Perspektive am eigenen Wohnort an Bedeutung. Für Deutschland bedeutet das nicht nur Engpässe und höhere Kosten, sondern auch die Notwendigkeit, neue Wege zu finden, denn es wird künftig nicht mehr selbstverständlich sein, automatisch auf eine Betreuungskraft aus Osteuropa zählen zu können.

Um den Bedarf an Betreuungskräften decken zu können, versuchen viele deutsche Agenturen mittlerweile verstärkt Personal aus Ländern zu gewinnen, in denen das Potential noch nicht völlig ausgeschöpft erscheint – aus Rumänien, Bulgarien oder den baltischen Staaten etwa. Doch auch das ist kein einfacher Ersatz. Sprachbarrieren, rechtliche Unsicherheiten, weite Anreisewege und eine teils unklare Ausbildungssituation machen deutlich, wie schwierig mögliche Alternativen sind.

Was bleibt, ist deshalb ein Gefühl wachsender Sorge, um ein Modell, das sich über Jahrzehnte bewährt hatte und jetzt an seine Grenzen zu stoßen scheint.